Natur aktiv erleben und genießen
aus Benediktbeuern (Oberbayern)
eingestellt am 30.12.2009 von Sabine Rauscher
Der Dichterfürst war begeistert: Als Johann Wolfgang von Goethe auf seiner Italienreise 1786 im Voralpenland Station machte, vermerkte er in seinem Tagebuch: „Benediktbeuern liegt köstlich und überrascht bei seinem Anblick.“
Dass sich an dieser Tatsache bis heute nichts geändert hat, können alle Besucher des oberbayerischen Klosterdorfes bestätigen, das durch seine Lage am Fuße der Benediktenwand und am Rande des Loisach-Kochelsee-Moores in eine traumhafte Naturkulisse eingebettet ist.
Mittelpunkt von Benediktbeuern ist die Anlage des ältesten Klosters Oberbayerns, das um 725 gegründet und 739 vom Heiligen Bonifatius geweiht wurde. Seine markanten Zwiebeltürme weisen den Besuchern seit Jahrhunderten den Weg zum geistigen Mittelpunkt des Tölzer Landes. Doch seit einigen Jahren sind sie zudem ein Wegweiser für Naturentdecker aus Deutschland und vieler Herren Länder, denn das Zentrum für Umwelt und Kultur (ZUK) befindet sich ebenfalls auf dem Gelände der weitläufigen Klosteranlage. Seit 1988 macht es sich zur Aufgabe, die Natur rund um Benediktbeuern erlebbar zu machen, ihre wichtigsten Zusammenhänge zu erklären und die Besonderheiten der Region aufzuzeigen.
Denn davon gibt es rund um Benediktbeuern jede Menge. So bergen die mehr als 15.000 Jahre alten Loisach-Kochelsee-Moore viele Geheimnisse – nicht nur wegen ihrer Größe von rund 3.600 Hektar. Die Feuchtgebiete sind die Heimat von mehr als 200 Vogelarten, viele von ihnen waren vom Aussterben bedroht und erst seit wenigen Jahren stabilisiert sich der Bestand wieder. Ein kleines Museum des ZUK informiert im Maierhof über die Flora und Fauna der Moorlandschaft. Etwa drei Kilometer entfernt lässt sich das Moor sogar ganz direkt – und ungefährlich – erfahren. Dort zeigt ein Moorgarten die Unterschiede zwischen Hochmoor, Übergangsmoor und Niedermoor über einen liebevoll angelegten Rundweg mit vielen seltenen Pflanzen.
Wer die Geologie des Alpenvorlands im wahrsten Sinn des Wortes hautnah erleben möchte, ist auf dem Barfußpfad unweit des Klosters richtig. Mit „Zehenspitzengefühl“ dürfen die Barfußwanderer hier verschiedene Gesteinsarten erkunden, marschieren über Wald- oder Moorboden – und bei den Kindern besonders beliebt – durch Schlamm. Dann führt der Weg weiter über Baumstämme und Steinbrocken, Fichtenzapfen pieken in die Fußsohlen, man spürt Holzschnitzel, Schilf oder Kiesel unter den Füßen. Daneben bietet das Zentrum für Umwelt und Kultur Führungen durch dieses und weitere Erlebnisbiotope an. Wer aufmerksam und still unterwegs ist, kann hier Vögel, Insekten, Amphibien und Reptilien aus nächster Nähe beobachten – nicht nur für Kinder gibt es jede Menge zu entdecken!
Rund um Benediktbeuern laden zudem viele Waldwege und Lehrpfade zur direkten und lehrreichen Begegnung mit der Natur ein. So führt der Wildbachlehrpfad über vier Kilometer am Lainbach entlang und erklärt auf Schautafeln, welche Tiere und Pflanzen am Wildbach leben und was das Gewässer so besonders macht. Auch geologisch interessierte werden im Lainbachtal fündig: die Festgesteine des Kalkalpin und des Flysch finden sich hier ebenso wie Lockergesteine des Quartär – in ganz unterschiedlichen Ausprägungen. Dadurch kommt es zum raschen Wechsel von Ton- und Sandsteinlagen, was entlang des Bachlaufs mehrfach zu sehen ist.
Am Alpenwarmbad beginnt der Waldlehrpfad mit 15 Schautafeln, der die Bedeutung des Waldes, seine Nutzung und seine Probleme anschaulich macht. In etwa einer Stunde pro Strecke ist der Lehrpfad auch für Familien mit kleineren Kindern bequem zu schaffen. Etwas kürzer und nicht minder sehenswert ist der Schmetterlingspfad rund um das Klostergelände. Auf 2,5 Kilometern Länge führt er an den Lieblingsplätzen zahlreicher Schmetterlinge vorbei.
Pflanzenfans und Gartenliebhaber kommen im Kräutergarten an der Südseite und im Meditationsgarten westlich des Maierhofs auf ihre Kosten. Der Kräutergarten zeigt an ausgewählten Beispielen die Entwicklungsgeschichte der Pflanzen auf und erklärt, wie wichtig die Nutzung der heimischen Kräuter bis heute ist. Für Rollstuhlfahrer und Gehbehinderte gibt es einen Handlauf entlang erhöhter Beete, Blinde und Sehbehinderte können die Pflanzennamen auf kleinen Schildern mit Braille-Schrift ertasten. Zum Verweilen lädt der Meditationsgarten ein, dessen Grundriss sich am berühmten Bodenlabyrinth der Kathedrale von Chartres orientiert. Ohne Kreuzungen und Sackgassen wird man auf einem Natursteinweg an vier Beetkreisen entlang bis zum Brunnen in der Mitte geleitet.
Das Zentrum für Umwelt und Kultur (ZUK) bietet vielfältige Veranstaltungen für jedes Alter an – von Garten-Entdeckungsreisen oder Bootstouren auf der Loisach bis zu Tümpelsafaris, Heilkräuterführungen und Wildbeobachtungen. Doch natürlich kann man rund um Benediktbeuern auch ganz ohne Programm herrlichen Natururlaub genießen – mit Wanderungen, Wasserspaß und allem, was das Voralpenland so einzigartig macht.
